Schadenspotenziale und Hochwasserschäden


Hochwasser führen erst dann zu wahrgenommenen Schäden, wenn Sachwerte oder Menschen durch Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen werden.

Anstieg des Schadenspotenzials

Entlang von Flüssen haben sich in historischer Zeit Verkehrswege und Siedlungen entwickelt. Mit zunehmender Besiedlung der leicht zu kultivierenden und fruchtbaren Talauen erhöhte sich zunächst das Bedürfnis nach Schutz der landwirtschaftlichen Flächen vor dem Hochwasser. Die oftmals durchgeführten Eindeichungen zunächst der landwirtschaftlichen Standorte, dann aber auch die weiter in die Talauen hineindrängenden Siedlungsgebiete führten in Folge zu einem Anwachsen der Sachwerte bei einem begrenzt gegebenen Hochwasserschutz. Dieser ist jedoch maximal bis zum Bemessungsausbau der Schutzeinrichtung wirksam.

Die Siedlungsverdichtung im 20. Jahrhundert ließ die Sach- und Vermögenswerte in den von möglichen Überschwemmungen betroffenen Gebieten stark ansteigen. Zunehmend aufwändigere Bebauung, gehobenere Ausstattung und Einrichtungen selbst in Kellerräumen und in unteren Stockwerken haben das Schadenspotenzial ansteigen lassen.

Das Schadenspotenzial setzt sich zusammen aus den Sachwerten (Gebäude, Infrastruktur), den Nutzungsausfällen in Form von Ernte-, Produktions- und Verdienstausfällen, den möglichen schwer in Geld anzugebenden Schäden für Gesundheit und Leben sowie Schäden an Natur- und Kulturgütern. Hinzu kommen die Folgekosten für Hochwasserabwehr, Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten. Nicht zu unterschätzen sind die persönlichen Belastungen für die vom Hochwasser betroffene Bevölkerung. Das Schadenspotenzial ist dabei umso größer, je intensiver potenzielle Überfl utungsgebiete genutzt sind und je geringer das Hochwasserbewusstsein ausgeprägt ist. Die Bedeutung des Hochwasserbewusstseins verdeutlicht die Tatsache, dass die Hochwasserschäden des Ereignisses vom Januar 1995 am Rhein beispielsweise für Köln nur etwa die Hälfte derjenigen des vorangegangenen nahezu gleichgroßen Hochwasserereignisses vom Dezember 1993 ausmachten. Beispielhaft sind nachfolgend die Hochwasserschadenspotenziale im Hessischen Ried entlang des Rheins und entlang der Diemel in Nordhessen aufgeführt.

Hochwasserschadenspotenzial am Rhein

Für das Hessische Ried ergibt sich bei Extremhochwasser im Fall des Überströmens der Deiche an Rhein und Main eine betroffene Fläche von ca. 400 km² mit etwa 250.000 betroffenen Einwohnern und einem Vermögensbesatz von knapp über 15 Milliarden Euro. Die Summe der bei einem solchen Ereignis eintretenden Vermögensschäden beläuft sich auf etwa 3 Milliarden € (siehe Abbildung). Neben den reinen Vermögenswerten ist zusätzlich mit Wertschöpfungsverlusten in der Größenordnung von etwa einer Milliarde € zu rechnen.

Die mit den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vereinbarten Deichhöhen am Rhein entsprechen einem um 0,5 m erhöhten Wasserstand bei einem Hochwasser mit 200-jährlicher Wiederkehrwahrscheinlichkeit.

Hochwasserschadenspotenzial an der Diemel

Aus dem länderübergreifenden Hochwasseraktionsplan für das Diemeleinzugsgebiet ergibt sich ein zunehmender Verlauf der Schadenssummen mit seltener werdenden Hochwasserereignissen:

Der markante Anstieg der Schadenssumme von einem 100-jährlichen Ereignis zu einem 200-jährlichen Ereignis liegt darin begründet, dass durch Deiche und Dämme zahlreiche Gebäude bis zu einem Hochwasser mit einhundertjährlicher Wiederkehrwahrscheinlichkeit geschützt sind. Im Diemelgebiet nimmt das Wohnkapital mit 56 % den größten Anteil am Schadenserwartungswert (im statistischen Mittel jährlich zu erwartender Schaden) ein. Handel und Dienstleistung sowie produzierendes Gewerbe sind zu je 15 % am Schadenserwartungswert beteiligt, während landwirtschaftliche Gebäude- und Betriebsfl ächen mit etwa 9 % zum Schadenserwartungswert beitragen.


Die Informationen werden mit freundlicher Unterstützung des Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (hmuelv.hessen.de/) bereitgestellt.

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